Die nächsten Jahre - mein pubertierender Junghund

Es gibt einen Ausdruck für diese Zeitspanne im Leben eines Hundes:  "Pubertier".  Diese Bezeichnung war absolut treffend für Ayasha. Mein letzter Blogbeitrag endete mit den Worten "auf einem guten Weg zu sein".  Tja, aber nur stellenweise - denn da war auch die Pubertät noch weit entfernt.  

Diese Zeitspanne dauerte sehr lange.  Mein Hund konnte gar nichts mehr, hatte sämtliche Kommandos vergessen. Ihm irgendetwas wegzunehmen - schließlich ist nicht alles essbar - endete in einer Katastrophe. Und dann kamen natürlich ganz viele gutgemeinte Ratschläge von außen: "Du musst ihm zeigen, wer der Chef ist - Bälle schmeißen und Reizangel, er ist nicht ausgelastet - er darf nicht auf die Couch - er darf nicht mehr bei dir im Schlafzimmer sein - du musst dich ständig verstecken, damit er Angst hat, dich zu verlieren - er bekommt nur noch Futter, wenn er es sucht - ignoriere ihn - und so weiter.....

Ich gestehe, ich habe ein paar Sachen mit ganz schlechtem Gefühl ausprobiert und ganz schnell wieder aufgehört. An den Blick meiner beiden anderen Hunde kann ich mich noch gut erinnern. Gott sei Dank hat sich Ayasha sehr an Pepito, dem Galgo und an Jenna, der kleinen Pudelmix Dame orientiert. Windhunde haben eine ganz spezielle Art zu spielen. Genau dieses Spielverhalten hat Ayasha übernommen. Und bei Jenna holte er sich die Ruhe und die dringend benötigten Auszeiten. Ich hatte tolle Helfer mit vier Beinen an meiner Seite. Auch Micky, eine meiner Katzen hat sich oft  eng an ihn gekuschelt, ich hatte immer das Gefühl, sie erzählt ihm etwas ganz wichtiges.

Irgendwie haben wir beide uns durch die nächsten Jahre durch gestritten, durch gemogelt, durch geübt. Und ja, vieles hat sich gebessert. Aber durch seine Vorgeschichte, seine fehlende Sozialisierung war es nach wie vor schwierig. Bestimmte Situationen habe ich damals einfach aus unserem Leben gestrichen: Wir gingen nicht zusammen in ein Restaurant oder einen Biergarten. Im Sommer an einem See gemütlich den Tag verbringen war ebenfalls nicht möglich. Er reagierte stark auf Außenreize, so dass nach kurzer Zeit ein hektischer, stressgeplagter, nervöser Hund  an meiner Seite war. Das war weder für ihn noch für mich ein Vergnügen.

Trotz allem gab es natürlich auch sehr viel Positives. Ich hatte beim Spazierengehen einen Hund an meiner Seite, der auf kleinste Zeihen von mir reagierte. Der absolut nicht jagte, der nie einen Streit mit anderen Hunden anfing, der auf weiter Entfernung immer abrufbar war, der an keifenden Artgenossen stillschweigend und ruhig vorbeiging. Ich wurde von vielen Hundehaltern deswegen bei der Gassirunde beneidet. Katzen waren damals und sind auch heute kein Problem. Mit Kindern gab es ebenfalls nie Probleme.

Ayasha konnte mich damals schon sehr genau lesen - nur ich ihn nicht. Noch nicht. Und genau um dieses "lesen können" geht es im nächsten Blogbeitrag. Also bleibt dran....

 

 

 

Die nächsten Monate - eine herausfordernde Zeit

Als endlich klar war, das Ayasha bei mir bleibt, war ich voller Optimismus. Weil eben meine beiden anderen Hunde so problemlos waren. Pepito konnte mit anderen Hunden nicht viel anfangen, aber das wars auch schon mit Problemen. Als Ayasha immer mutiger wurde, versetzte mein Galgo ihm zweimal einen heftigen Nackenstoß. Das Geschrei war groß und meine Nerven lagen blank. Aber ab da war der Windhund für den kleinen Knirps ein großes Vorbild. Das ging so weit, dass er sogar diese speziellen Spielposen der Galgos nachgeahmt hat. Auch die Art zu schlafen und zu fressen hat er übernommen. Geschlafen hat er meistens bei Jenna. Damals war ich noch keine Tierkommunikatorin, aber ich hatte damals schon das Gefühl, die Jenna erzählt ihm, wie er sich zu benehmen hat. Es sah immer so aus, als ob er ihr aufmerksam zuhört. Heute weiß ich, dass ich mich nicht getäuscht habe. 

Als die Eigenart, bei jeder Gelegenheit zu knurren und die Zähne zu zeigen, überhand nahm, bin ich zum ersten Mal in meinem Leben als Hundehalter zu einem Trainer gegangen. Ich wusste wirklich manchmal nicht mehr weiter. Ganz oft saß ich am Abend mit Tränen in den Augen da und fragte mich, was ich verkehrt mache. Und ich hatte Zweifel, ob ich mich mit einem dritten Hund nicht doch übernahm.  Ich denke, viele kennen diese Momente und Zweifel.  

In der Welpen Stunde war mein Hund der Einzige, der n i c h t still da saß und wartete, sondern mit lautem Gebell seinen Frust zeigte. Und das Verhalten zog sich auch durch. Ganz oft sagte mir zwar meine Intuition, das das nicht passt, was wir da lernen sollten, aber ich war teilweise so verzweifelt, dass ich mein Gefühl ignoriert habe. Irgendwann gab ich auf. Aber zuhause kam ich auch nicht weiter mit der Hunde - Erziehung. Also Wochen später nochmal zu einem anderen Trainer. Mittlerweile war Ayasha ein Jungspund mit  sieben Monaten. 

Diesem Trainer habe ich zu verdanken, dass mein Hund sich immer noch abrufen lässt, ohne nachzudenken. Ich war zwar nach vielen Einzelstunden fix und fertig, aber das waren hauptsächlich meine eigenen Befürchtungen, was alles schief gehen könnte. Ich kann mich an viele Situationen erinnern, in denen ich am liebsten entweder weggelaufen oder in den Boden versunken wäre. Ich ließ ich mich überreden, ihn mit 10,5 Monaten zu kastrieren. Habe ich schon erwähnt, dass ich damals oft nicht auf mein Gefühl hörte??

Nein, sein Verhalten hat sich dadurch nicht geändert. Aber nach fast einem Jahr kam das tolle Gefühl, auf einem guten Weg zu sein. 

Und spätestens jetzt wurde mir klar, dass dieser Hund nicht ohne Grund bei mir ist!

 

 

Die Geschichte beginnt

Im Oktober 2015 bin ich mit einem Stand bei der Oberlandausstellung vertreten. Eine Frau bittet mich um Hilfe bei der Vermittlung von Hundewelpen. Der Tierhalter musste ins Krankenhaus und kann sich nicht mehr um die Hunde kümmern. Also bin ich am Abend hingefahren. 9 unterschiedliche Welpen, 4 Wochen alt, sollten in ca. 4 Wochen einen Platz finden. Ein Welpe fällt mir auf. Er ist der Kleinste, sitzt im Eck und hat überall Erbrochenes im Fell. Der Tierarzt war schon da und hat ihn behandelt. Die Aussage war: "hop oder top".

Ich kann nicht anders, fahre am nächsten Tag wieder hin. Da liegt der kleine Kerl apathisch in der Ecke und ist zu schwach, um an die Zitzen zu kommen. Auch nicht mit meiner Hilfe. Der Tierarzt sagt, er kann nicht mehr machen, das wird der Welpe nicht schaffen. Auch ich habe meine Zweifel

Die Frage kommt: "Kannst du ihn bitte mitnehmen"? Ich überlege kurz - "nein, bei mir leben 2 Hunde, 3 Katzen, 3 Zwergkaninchen, ein paar Hühner"! 60 Minuten später kriecht der Welpe zwischen meine Füße (wir sitzen alle am Boden). Tja, aus meinem "nein" wird ein zögerliches "ja, ich versuche es". 

Die nächsten Stunden sind ausgefüllt mit Vorbereitungen. Meine eigenen Hunde reagieren erstmal mit großer Skepsis. Jenna (ein Pudelmix-Mädchen) übernimmt schnell die Mutterrolle. Pepito (ein Galgo) bleibt auf Sicherheitsabstand. Er findet andere Hunde, vor allem Welpen, nicht so toll. Und bei mir melden sich leise erste Zweifel. Er braucht auch  dringend einen Namen. 

Ab jetzt heißt er AYASHA. Bei den Cheyenne Indianern bedeutet der Name "kleines Blütenauge". Im arabischen "Leben". Erst viel später sehe ich, dass "Ayasha" auch ein Mädchenname sein kann. Aber das weiß nur ich!!

Ab sofort schläft mein neues Familienmitglied bei mir im Bett in einer kleinen Box. Ich muss ihn ja regelmäßig füttern und vor allem kontrollieren, wie es ihm geht. Nach ca. 2 Wochen wird klar: er hat es geschafft! Sein Fressen stelle ich um auf Barf, wie meine anderen Hunde. Er verträgt es hervorragend und wächst und nimmt zu. Es wird auch klar, dass ihm ein ganzes Stück Sozialisierung fehlt. Ich kann versuchen, vieles aufzufangen, aber die Hundemama kann ich niemals ersetzen. Außerdem wird schnell deutlich, dass er anscheinend bei den Zitzen nicht viel Chancen gegen seine größeren Geschwister hatte. Die Ausflüge im Garten sind anstrengend. Er versucht alles, wirklich alles, was er am Boden findet zu fressen. Fressen ist bis heute ein großes Thema für ihn.

Mit den anderen tierischen Bewohnern geht es erstaunlich gut. Jenna, liegt viel neben ihm, sie hat anscheinend beschlossen, die Mutterrolle zu übernehmen und Pepito weicht einfach aus, wenn er zu aufdringlich wird. Die Katzen finden ihn natürlich oft nervig, aber er akzeptiert das Gefauche. Hühner und Hasen sind interessant, aber das wars dann auch schon. 

Eigentlich ist mir klar, dass ich für Ayasha, wenn er alt genug ist, einen guten Platz suche. 2 Hunde sind doch genug, oder?

Wie war das? "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt"!

In den nächsten Wochen muss ich leider feststellen, dass er ein sehr unsicherer Hund ist und von klein auf gelernt hat, sich mit Knurren Bedrohungen vom Leibe zu halten. "Angstbeißer"? Mit so einem Thema habe ich mich Gott sei Dank noch nie befassen müssen.  Alle meine Hunde waren bis jetzt immer total unproblematisch. Womit wir wieder beim Thema Sozialisierung sind. Ich gestehe, ich komme oft an meine Grenzen. Versuche auch tatsächlich einen Platz für ihn zu finden. Es melden sich Jäger und ich bin mir sicher, dass dieser Hund kein Jagdhund ist!

Spätestens jetzt kann sich jeder vorstellen, wie das endet. Irgendwann - ich denke er war so ca. 4 Monate - und mir ist klar, dass es nicht ganz so einfach wird,  beschließe ich, ihn zu behalten. 

ICH HABE ES BIS HEUTE NICHT BEREUT

Im nächsten Blog geht die Geschichte weiter.......